SSD-Festplatten: Mär und Realität

Die Werbeversprechen
SSD-Festplatten versprechen wahre Wunder: Längere Laufzeiten in Netbooks und Notebooks durch Stromersparnis, Geschwindigkeitsanstieg und bessere Haltbarkeit, da dank fehlender mechanischer Bauteile weniger anfällig für externe Einwirkungen.

Hersteller wie ASUS und Dell verbauen die SSD-Platten dann in komplette Produktpaletten, teilweise ohne für den Kunden noch wählbare Alternative: Eine normale 2,5 Zoll Festplatte.

Das Ganze hat seinen Preis. Je nach Technik, Kapazität und Hersteller kosten solche SSD-Festplatten locker bis zum 20-fachen einer normalen 2,5 Zoll SATA Festplatte.

Doch lohnt es sich wirklich, derzeit auf SSD umzusteigen?

Die Fakten
Die c’t hat in ihrem Heft 21/2008 die aktuelle SSD-Technik genauer unter die Lupe genommen und ist zu einem recht ernüchternden Ergebnis gekommen.
Nur eine SSD von Intel konnte dabei überzeugen:

„Diese Flash-Disks [Anmerkung: die Intel X-25M (SSDSA2MH080G1GN)] sind die bislang ersten, denen wir eine rechnerbeschleunigende Wirkung bescheinigen können und die das oft gehörte Energieversprechen endlich einlösen.“

Diese Leistung hat auch ihren Preis: 590 US-Dollar je 1000 Stück. Verkauf bisher nur an OEM Kunden.

Die restlichen getesteten SSD blieben in Sachen Performance und/oder Energieverbrauch hinter den oft gehörten Werbeversprechungen zurück. Normale 2,5 Zoll Platten verbrauchen danach derzeit nur einen Tick mehr an Energie. Zum Vergleich: Der Stromverbrauch einer 2,5 Zoll SATA Festplatte dürfte derzeit zwischen 2,5 und 3 Watt liegen. Der Stromverbrauch einer SSD-Festplatte bei 1,5-2,0 Watt. Nehmen wir einmal an, der Energieverbrauch eines Notebook oder Netbook läge bei 20 Watt. So liegt der Anteil einer normalen Festplatte etwas bei 12 Prozent, der einer SSD bei etwa 9 Prozent. Die 3 Prozent mehr Energie würden eine 4 stündige Laufzeit eines Notebook um ganze 7 Minuten verlängern.
Wenn man bedenkt, dass der Anteil des Energieverbrauchs einer Festplatte bei einem Notebook vielleicht gerade mal 10 Prozent ausmacht, kann sich selber ausrechnen, dass hier keine eklatanten Laufzeitverbesserungen durch stromsparendere Festplatten erreicht werden können.
Hinzu kommt, dass die Hersteller der klassischen Festplatten auch nicht schlafen und neuerdings auf stromsparende Modelle setzen.

In Sachen Performance schafften die restlichen SSD teils nur 1/3 der Transferraten, die die konventionellen Festplatten an den Tag legten. Beim BAPCo Sysmark 2007 macht sich das zwar nicht ganz so stark bemerkbar. Doch auch da lagen die SSD mit bis über 50 Punkte (193 zu 138) weiter hinter den konventionellen Festplatten zurück.

Die SSD-Technik scheint bei manchen Herstellern auch noch nicht ganz ausgereift zu sein. So heißt es zu Platten zweier Hersteller:

„Durch lange Pausen, die die SSDs […] zwischen einzelnen Zugriffen einlegen, können sich Anwendungen verschlucken oder die Installation von Programmen oder des Betriebssystems auch gleich scheitern.“

Doch was ist mit der Haltbarkeit der SSD-Karten? DAS müsste doch dann das Totschlagargument sein.
JAIN. Zwar sind die SSD-Festplatten mangels mechanischer Teile weniger Anfällig für Stöße und entwickeln auch keine Wärme, die den mechanischen Pendants oft zu schaffen machen. Doch können die in den Platten verbauten Zellen des Flashspeichers gerade mal 10.000 mal beschrieben und wieder gelöscht werden. Zum Vergleich: Klassische Festplatten vertragen ungefähr das zehnfache an Schreibzyklen. Und sollte das Notebook doch mal herunterfallen, erkennen Festplatten neuer Generation dies anhand eines eingebauten Beschleunigungssensors und bringen den Schreib-Lesekopf noch vor dem Aufprall in eine sichere Parkposition.
Der vielleicht noch geringe Sicherheitsvorteil der SSD-Festplatten wird derzeit zusätzlich dadurch zunichte gemacht, dass Mangels Plattenkapazität Sicherheitsfunktionen wie die Systemwiederherstellung unter XP vom User abgeschaltet werden um Speicherkapazität zu sparen.

Fazit:
Was die Werbung verspricht, halten die meisten SSD derzeit wohl noch nicht:
Weder gewinnt der Rechner mit einer SSD an Performance noch lässt sich wirklich effektiv so viel Energie einsparen, dass es sich eklatant auf die Laufzeit bei Notebooks auswirken würde.
Das nicht genug, sind manche SSD so unausgereift, dass sie das System zum Absturz bringen können oder zumindest dem User „Pausen“ beschert, die er mit einer normalen Festplatte nicht hätte.
Um von einer höheren Datensicherheit sprechen zu können, sind die SSD noch zu kurz auf dem Markt. Es fehlen die Langzeiterfahrungen. Zu geringe Kapazitäten können indirekt bewirken, dass der User Sicherheitsfeature des Betriebssystems deaktiviert, um Plattenkapazität zu sparen.

Nur die neuere SSD von Intel kann derzeit etwas überzeugen. Doch der Preis/Leistungs Unterschied ist dermaßen groß, dass man sich von dem Geld, das so eine SSD Festplatte derzeit mehr kostet als eine klassische, sich mit 5 oder 10 mal so vielen normale Festplatten eindecken könnte. So oft geht keine klassische Festplatte im Laufe eines Notebook Lebens kaputt, dass sich die hohen Ausgaben derzeit wirklich lohnen würden.

Dann sich doch lieber für eine normale Festplatte entscheiden und mit dem gesparten Geld kann man sich für die regelmäßige Datensicherung eine externe Platte und im Falle des Plattenausfalls eine neue Festplatte besorgen. Und für diejenigen, die sich eine längere Laufzeit ihrer Geräte wünschen, ist von dem gesparten Geld noch ein zusätzlicher oder gar größerer Akku drin.

Der bisher einzige klare Vorteil
Der einzige Vorteil scheint mir bisher nur die extreme Belastbarkeit was die Erdbeschleunigung (G) angeht, zu sein: Die SSD halten den Herstellerangaben nach 15.000 G aus. Normale Festplatten geben schon bei rund 250 G den Löffel ab. Wer also vor hat, in naher Zukunft eine Sonde auf nahezu Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen und Richtung Milchstraßenzentrum zu schicken, kommt um eine SSD Festplatte nicht herum. 😉

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3 Antworten zu SSD-Festplatten: Mär und Realität

  1. Olaf sagt:

    Hmm, kann ich nicht bestätigen… nachdem ich Berichte las, daß die Haltbarkeit mittlerweile deutlich besser als nur rund 10000 Schreibzyklen sein soll, habe ich mir solch ein Schätzchen zugelegt. 8 GB für knapp 70 Euro waren mir das Experiment wert. Der Trick ist: SSDs sollten SLC-Speicher verbaut haben. Welche mit sog. MLC-Speicher sind beim Schreiben tatsächlich langsamer und legen vielleicht sogar mal Pausen ein. Ich finde schon, daß das System deutlich performanter ist, allerdings habe ich mit großen Datenbewegungen auch nix am Hut – der übliche Office-Betrieb eben. Das schönste: so leise war mein Desktop-PC noch nie.

  2. C.J. sagt:

    Es wäre interessant zu erfahren, wie viele Schreibzyklen nun wirklich möglich sind.
    Der Unterschied mit den SLC und MLC Speicher habe ich auch gelesen. Doch weiß der Normal-Kunde, welcher Speicher in welchem Notebook oder Netbook als Festplatte verbaut ist?

    Das quasi nicht existente Betriebsgeräusch ist natürlich ein nettes Argument. Doch da sehe ich das im Gesamtbild ähnlich wie bei der Laufzeit. Da der CPU-Lüfter in der Regel den größten Krach erzeugt, fallen die normalen Festplatten meist nicht mehr besonders auf. Für empfindliche Ohren oder für bestimmte leise Modelle könnte das natürlich ein Argument sein. Dieses ist mir in der Werbung für SSD-Festplatten bzw. für Geräte, in denen SSD-Festplatten verbaut wurden, bisher nicht aufgefallen.

    Ähnlich würde ich es mit der geringeren Wärmeentwicklung halten. Wäre interessant für Serversysteme und der damit einhergehenden Energieersparnis da diese dann weniger gekühlt werden müssten. Doch ging es mir hier primär um die mobilen Geräte für Endkunden.

  3. Roman sagt:

    Kann ich überhaupt nicht bestätigen. Ich habe mein Notebook von 2,5″ SATA auf SSD umgerüstet. Es ist sehr viel schneller geworden und der Akku hält deutlich länger als vorher.

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