AQUANET – die neue Alternative zu VDSL und Kabel

Langsam und bisher unauffällig drängen ganz ungewohnte Anbieter von High Speed Internetzugängen auf den hart umkämpften Markt: Stadtwerke. Ihr Vorteil: Bei Neubauprojekten können sie quasi als All-Inklusive-Versorger neben Fernwärme, Strom, Telefon und TV auch High Speed Internet gleich mit anbieten. Wird bei der Neuerschließung die Anbindungen an die klassischen Netze der Deutschen Telekom oder der Kabel-Anbieter weggelassen, agieren die Stadtwerke meist als Monopolisten. Über Glasfaser und mit oft nur einem Netzanbieter im Hintergrund versorgen sie alternativlos die Haushalte mit der notwendigen Infrastruktur.
Doch was bei Neubauprojekten wie ein feuchter Orwellscher Traum den Marktstrategen der Stadtwerke Freudenpipi in die Augen treiben dürfte, bereitet ihnen bei bereits erschlossenen und bisher nur per Fernwärme versorgten Gebieten Sorgen. Um in dem hart umkämpften Markt von ADSL, VDSL, Kabel, UMTS und bald auch LTE ein Stück vom Kuchen abzubekommen, erfordert oft hohe Investitionen in Glasfaseranbindungen.

Das MIT Mannheim hat im Auftrag der VUCK (Verein der Unionierten City Kraftwerke), eine Interessenvereinigung der sämtliche deutschen Stadtwerke angehören, nun die Lösung für dieses Problem erarbeitet und zur Marktreife weiter entwickelt: Das AQUANET.

Vorbild war das Glasfaser
Die Idee hinter dem AQUANET beruht auf demselben physikalischen Prinzip, welches bei der Datenübertragung via Glasfaser genutzt wird: Ein Lichtstrahl, der in Glas oder in Wasser geführt wird, reflektiert am Übergang von dem verwendeten Medium zur Luft und wird zurückgeworfen. So kann sich das Licht fast ungehindert in dem Medium ausbreiten und wird durch den nach außen abnehmenden Brechungsindex in dem Medium geführt. Bei Wasser liegt der Grenzwinkel bei 48,6 Grad, der nicht unterschritten werden darf.

Dieses physikalische Naturgesetz machten sich nun die Forscher am MIT Mannheim zu Nutze und erarbeiteten eine Lösung, wie durch bestehende Wasserleitungen per Lichtwellenübertragung Daten in die Haushalte übertragen werden können, ohne dazu zusätzliche Leitungen oder Rohre verlegen zu müssen.

Daniel D., Leiter der Forschungsgruppe WLAN (Water-LAN) am MIT Mannheim erklärt das Funktionsprinzip:

„Unter Einhaltung des Grenzwinkels werden Daten in Form von Laserimpulsen in das Wasserrohr eingespeist, durch das Medium Wasser geführt und am Ziel, in diesem Fall im Haus, wieder ausgelesen.“

„Die Idee war simpel: 99,99 Prozent der Haushalte in Deutschland besitzen eine Frischwasserversorgung. Die Infrastruktur war also gegeben. Die Details bereiteten uns Schwierigkeiten.“

Bis zu 100 GBps möglich – doch nicht jede Leitung ist geeignet
So macht eine Datenverbindung nur Sinn, wenn auch Daten zurück übertragen werden können. Die Fehler von ADSL, wo eine asynchrone Übertragung zu Gunsten eines höhere Downloads und jedoch zu Ungunsten eines niedrigeren Uploads erfolgt, sollten von vornherein vermieden werden.

„Ursprünglich wollten wir daher die Daten durch die Abwasserrohre zurückschicken. Deren Durchschnitt ist meist breiter als der Durchschnitt der Trinkwasserleitungen. Wir versprachen uns davon eine höhere Uploadrate.“

Doch Schwebestoffe, das durch den Verbrauch angereicherte Medium usw. reflektierten zu viele Datenpakete.

„Die Datenübertragung brach regelmäßig ein – von verheerenden hohen Pingraten wollen wir gar nicht sprechen. An VoIP oder Spielen eines Online-Egoshooters über solch eine Leitung war nicht zu denken. Das war richtig Kacke!“

Daher entschied man sich dann doch für eine Rückübertragung durch die Trinkwasserleitungen.

„Leider fällt hier die Uploadrate ca. 10 Prozent geringer aus als die Downloadrate. Der Unterschied ist gering – und ist der Strömungsrichtung des Mediums Wasser Richtung Haus geschuldet. Der Wasserdruck spielt dabei auch noch eine Rolle.“

In Versuchsaufbauten erreichte der Forscher mit seinem Team Übertragungsraten bis zu 100 Gbps. Je nachdem wo der Verteiler installiert wird, teilt sich eine entsprechende Anzahl von Haushalten diese Bandbreite untereinander auf.

Die Daten werden im Haushalt dann vor dem zentralen Wasserzähler wieder abgegriffen.

Die Firma Cisco, die in Kooperation mit VUCK die Entwicklung des AQUANETs am MIT Mannheim begleitet hat, hat hierfür als Router einen Prototypen, den CISCO 8000p AQUANET entwickelt.


So oder so ähnlich dürften auch die ersten marktreifen Geräte aussehen.
IchBlogDich hat die Bilder des Prototypen Cisco 8000p AQUANET etwas genauer unter die Lupe genommen. Auf der Rückseite des Geräts kann man erkennen, dass es sowohl einen ISDN-S0 Anschluss als auch zwei herkömmliche Telefonbuchsen zu geben scheint. Dies lässt die Vermutung zu, dass zukünftig auch Telefoniedienste über AQUANET angeboten werden sollen.

Ganz ohne Buddeln geht es dann doch nicht
Ganz ohne Erdarbeiten kommt man dennoch nicht immer aus. Guido Wasserwelle, Sprecher von VUCK:

„Unserer Hauptprobleme bei unseren Pilotprojekten traten dann auf, wenn Leitungen zu stark abgewinkelt abzweigten und die Datenübertragung an dieser Stelle abbrach. In diesen Fällen wird die Stelle lokalisiert und begradigt. Solche Maßnahmen werden jedoch selten notwendig sein. Und wenn doch so sind die Kosten hierfür überschaubar und werden von den Stadtwerken als Vorinvest übernommen. Die Kunden bekommen davon gar nichts mit.“

AQUANET 2013 in 70 Großstädten erhältlich
Die Pilotphase endet Mitte 2012. Ab 2013 soll das AQUANET dann in den ersten 70 Großstädten Deutschlands angeboten werden. VUCK rechnet mit monatlichen Kosten auf der Höhe gängiger Internetanbindungen.
Guido Wasserwelle:

„Wenn die Stadtwerke die Investitionen über die monatliche Gebühren reingeholt haben, werden die Preise natürlich fallen.“

Erste Geräte Anfang 2013 erhältlich
Neben Cisco mit dem Cisco 8000p AQUANET haben weitere Unternehmen mit Erfahrungen in der Hausvernetzung wie Devolo mit dem AQUANET duo oder AVM mit der FRITZ!Box Fon WLAN AQUANET erste Consumergeräte für das erste Quartal 2013 angekündigt.

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1 Antwort zu AQUANET – die neue Alternative zu VDSL und Kabel

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