Papa 2.0

Mein Vater hat seit einigen Monaten Internet.
Laaaaaaange habe ich auf meinen alten Herrn einreden müssen, sich doch mal DSL anzuschaffen und sich dem Netz aller Netze zu nähern.

Das hat nun natürlich klare Vorteile für mich: Schluss mit „Schau doch mal da nach“ oder „Ich habe im Fernsehen irgendwo was über Dies und Jenes gesehen, kannst du mir das nicht mal ausdrucken“ usw. usf.
Wer mal versucht hat, diverse Internetseiten auszudrucken, weiß wie das zum einen ins Geld und auch an die Nerven gehen kann. Und es kostet Zeit. Und wozu? Am Ende landet der Ausdruck dann meist doch im Müll.
Mein Dad gehört eben noch zu der Haptik-Generation. Er muss alles ausgedruckt in den Händen halten und durchlesen können.

Recht schnell war der passende DSL-Anbieter rausgesucht. Dank Telefon-Flatrate sparen meine Eltern nun auch noch etwas Geld beim Telefonieren bzw. müssen sich deswegen keinen Kopf mehr machen. Und untern Strich kostet es nicht mehr als vorher. Ja die Kosten sind da immer ein wichtiges Argument.

Sein PC wurde dann noch gegen ein schnelleres Modell ausgetauscht und die notwendige Software installiert. Und schon ging es los.
Als er mal eine Telefonnummer im Netz heraussuchen wollte, war seine erste Reaktion:

„Da ist ja fast nur Werbung – das Wesentliche steht da irgendwo klein in der Mitte. Da habe ich ganz schön suchen müssen, um das zu finden.“

Tja, so schnell hat nun auch er gelernt, dass das Netz eigentlich voller Werbemüll ist. Wenn er sich an den gewöhnt und dabei gelernt hat, nicht alles anzuklicken, wird er einen Browser mit Werbeblocker bekommen. Mir erscheint diese Reihenfolge für sinnvoll.

Mit etwas anfänglicher Hilfe findet er sich nun im Internet schon ganz gut zurecht. Was ihm anfangs etwas schwer fiel, war, dass man nicht überall wo „NAME“ oder „ADRESSE“ steht, diese auch einzugeben hat. Das Netz ist voller Gauner und er weiß das auch.
Ich habe ihm bei jeder Gelegenheit davor gewarnt, diverse Seiten mit Lebenscheck, Horoskopen und und und anzusurfen: „Dad, wenn die Daten von dir wollen, dann sei gewarnt! Die sammeln die nicht zum Spaß. Entweder bekommst du dann Werbung oder eine Rechnung oder beides.“
Nur dauert es eben etwas, ein gesundes Misstrauen aufzubauen. Eine anfängliche leichte Verunsicherung, die ihn zwischen „da habe ich eben meine Adressdaten eingegeben“ und „dann darf ich ja gar nix im Internet machen – wofür brauche ich das dann?“ hin und her schwanken lies, hat er recht schnell abgebaut.

Einige Tage nach der offiziellen „Übergabe“ bekam ich unerwartet eine E-Mail von meinem Vater. Das war meine erste E-Mail von ihm und das, obwohl ich ihm noch gar nicht erklärt hatte, wie die Mailsoftware funktioniert. Eine kleine virtuelle Träne kullerte in dem Moment vor Rührung an meiner Wange herunter.

In der Zwischenzeit hat er nun schon zig Mails verschickt und bekommen und seiner Frau/meiner Mutter eine Urlaubsreise geschenkt, welche er übers Netz gebucht hat. Dazu hat er vorher ausführlich die Bewertungen von diversen Reiseveranstaltern studiert, was ihn am Ende von der Buchung einer Reise bei einem bestimmten Reiseveranstalter abgehalten hat, der per Wurfsendung Werbung für sich gemacht hatte.
(Bei der Gelegenheit eine kurze Message an den Reiseveranstalter: Meine Eltern quetscht du nicht in einen alten vergammelten Bus mit unhöflichen und übernächtigten Fahrern, ätsch!).

Ganz aktuell geht er das Thema „Online-Banking“ an und dank einer neuen Digitalkamera wird auch in absehbarer Zeit das Thema „Onlinebilderdienste“ anstehen. Mein Dad gehört nämlich auch zu den Leuten, die immer und alles fotografieren möchten. Natürlich um das Bild dann später auszudrucken oder einen Abzug machen zu lassen und es dann in der Hand halten und betrachten zu können.

Mit diesem kleinen Artikel möchte ich eigentlich nur eines zum Ausdruck bringen:

Dad, ich bin mächtig stolz auf dich!

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2 Antworten zu Papa 2.0

  1. Flo sagt:

    Sehr schöner Artikel, C.J.! Ich kann das Beschriebene sehr gut nachvollziehen, hab die gleichen Erfahrungen gemacht 🙂

    Der Begriff Haptik-Generation ist super! Wie es aussieht hast du darauf sogar ein Monopol: http://www.google.de/search?q=Haptik-Generation

  2. USKO sagt:

    Hallo C.J. – Christian –
    ich gehöre offensichtlich auch zur „HaptikGeneration“ *grins* – ich muß auch fast alles ausgedruckt vorliegen haben, doch dies rührt daher, daß ich einen Computer-CLUB leite und für meine Leutz jede Menge Info-Material in den Umlauf bringe… Aber ich habe den Info-Weg auch schon modifiziert, indem ich kurze Texte, die optisch nur eine Bildchirmseite füllen, mit dem Tool „Simple ScreenShot“ speichere und die betr. JPG-Dateien als Mail-Anhang unters Volk bringe.
    Aber ich will Euch nicht weiter langweilen…
    Weiterhin frohes Schaffen wünscht Euch USKO
    CLUB-Koordinator und http://WWW.Experte...

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