Kaum zwinkert man einen „Moment“, entgeht einem fast der nächste Griff ins Klo einer von Anfang an zum Scheitern verurteilten PR-Kampagne.
Aber gehen wir mal etwas in der Zeit zurück.
Anfang/Mitte 2008 hatte ich ein interessantes Gespräch mit einem Notebook-Hersteller zum Thema Netbooks.
Interessant deswegen, weil dieser Hersteller sich Gedanken darüber machte, wie man die Bloggerszene am besten bei der Vermarktung des geplanten neuen Netbook-Modells mit ins Boot bekäme.
Was Vodafone gerade an Gegenwind abbekommt, und das trotz oder wegen) der angeblichen meinungsführenden Blogs aus dem Adnation Netzwerk, übertrifft noch alle Befürchtungen und Erwartungen, die mir damals bei der Frage durch den Kopf schossen.
Der aktuelle Höhepunkt ist der Abschied der angeblich so bekannten Bloggerin Schnutinger/Hamelmann.
Angeblich bekannt daher, weil sie unterm Strich bis vor kurzem recht unbekannt war. Doch da unbekannte Märtyrer nicht den Helden- sondern den einsamen Tod sterben, wird sie mal schnell zu einer bekannten Bloggerin benannt. Aber das nur am Rande.
Das Tragische daran ist, dass man die Dame verheizt hat und sie merkt es anscheinend noch nicht einmal.
Die Werbebranche frisst die Ehrlichen und spuckt die Genügsamen unverdaut wieder aus.
Der erste Fehler von Frau Hamelmann war, kein Geld zu nehmen. Wer Werbung macht, nimmt dafür Geld. Möglichst viel. Je teurer man ist, desto dicker ist am Ende das eigene Fell, das man hat, um gegen den Druck der Öffentlichkeit stand zu halten. Denn wenn man das erste Mal aus der Masse heraustritt und dafür auch noch „kein Geld“ nimmt, sind die Neider, der Pöbel und die Krümelsucher nicht weit.
Der zweite Fehler war wohl, dass niemand der Dame gesagt hat, dass Ehrlichkeit und Offenheit in der Werbung nicht belohnt werden. Werbung baut auf Schein, Lug und Trug auf. Immer und ausnahmslos. Denn Täuschen und Ablenken ist das Ziel von Werbung. Wer Werbung macht, muss in der Lage sein, Widersprüchliches immer und immer wieder so von sich zu geben, dass es Kritiker müde werden lässt, weiter nachzuhaken. Wer Werbung macht, sollte sich im Klaren darüber sein, dass das, was man da in den Händen hält und was einem die Werbeagentur vor dem Shot über das Produkt erzählt hat, nicht einmal ein kleiner Teil der Wahrheit ist.
Und der dritte Fehler war, dass die Dame versucht hat, sich zu rechtfertigen. Und das auch noch auf fremden Plattformen, wo sie nicht das Steuer in der Hand hat.
Schade ist nur, dass am Ende eine Bloggerin auf der Strecke bleibt.
Bloggen bedeutet immer, viel von sich persönlich der Öffentlichkeit preis zu geben. Dazu braucht es Überwindung, Mut und Freude am Bloggen. Dies hat sich sich nehmen lassen. Da ist sie selber nicht ganz unschuldig daran.
Dabei wäre es gerade jetzt wichtig, dran zu bleiben. So viel Aufmerksamkeit wie dieser Tage bekommt die Dame vielleicht nie wieder. So würde sie zumindest für ihr Blog und ihre anderen Projekte die nötige Aufmerksamkeit erhalten. Das wäre dann wenigstens ein kleiner Trost für all den Ärger.
Aber zurück zu dem Notebook-Hersteller und seinem Anliegen, sein damals geplantes Produkt mit Hilfe von Bloggern zu bewerben.
Lange Rede, kurzer Sinn: Mein kurzer und kostenloser Rat war: Aufpassen! So eine Kampagne kann schnell nach hinten losgehen und ist unberechenbar. Am Ende sah der Hersteller von seiner Idee ab und warb auf klassischem Wege für sein Produkt.
Bei der klassischen Werbung hätte Vodafone auch bleiben sollen. Wer auch immer Vodafone bei der aktuellen Kampagne beraten hat, hat seinem Auftraggeber einen Bärendienst erwiesen.
Wer berät Vodafone eigentlich nochmal?
Apropos Bärendienst. Dem vor sich hin dümpelnden Werbenetzwerk Adnation dürfte dieses Theater auch mehr schaden als nützen. Aber keine Sorge. Der nächste Werbekunde, dem Menschen- und Grundrechte nicht so wichtig sind, wird schon auftauchen. Das scheint langsam ein fester Bestandteil der Strategie der Adnation-Macher zu werden. Warum auch nicht? Geld und Moral haben sich bekanntlich ja noch nie vertragen.
Weiterführende Linis:
PRevanchisten und die Erfindung des Mobs
(Don Alphonso in der Blogbar mit einer Chronologie vom 22.07.2009)
frau schnutinger macht PR
(wirres.net vom 20., 21. und 22.07.2009)
Lobo, Schnutinger und lernen aus der Vergangenheit
(Ein ganz anderer Ansatz verfolgt der Kollege vom Reizzentrum, vom 22.07.2009)
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